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Moriz Melzer, 20 Einträge

Moriz Melzer ist 1877 in Albendorf, einem kleinen Dorf im Kreis Trautenau (Böhmen), geboren. Im böhmischen Riesengebirge aufgewachsen, befasst er sich zuerst mit dem Ausmalen von Keramik, bis er schliesslich 1906 an der Akademie in Weimar bei Ludwig von Hofmann aufgenommen wird.
1908 siedelt er nach Berlin über. Dort schliesst er sich damals neu entstehenden Künstlergruppierungen an – zuerst der „Berliner Secession“ bzw. der „Neuen Secession“, später dann der „Novembergruppe“ und dem „Arbeitsrat für Kunst“. Bei der „Berliner Secession“ stellt er 1909 zum ersten und letzten Mal aus, denn im darauf folgenden Jahr wird er mit anderen Expressionisten abgewiesen und gründet zusammen mit Max Pechstein die „Neue Secession“. Gleichzeitig eröffnet er zusammen mit Georg Tappert die „Schule für freie und angewandte Kunst“ in Berlin, die sich für eine freie, individuelle Entwicklung in der künstlerischen Gestaltung einsetzt.

Zu Beginn des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts gelingt ihm der Durchbruch, insbesondere durch seinen Aufenthalt in Paris 1912. Dort nimmt er in zwei aufeinander folgenden Jahren an der Ausstellung im „Salon d’Automne“ teil. Mit dieser Ausstellung findet er nicht nur unter Pariser Kunstkritikern Anklang, sondern auch bei dem Sammler Walter Minnich aus Montreux. Zwei der ausgestellten Werke – „Navigateur“ und „Madonna II“ – werden neben anderen aus der Pariser Zeit vom Sammler Walter Minnich erworben. Unklar ist jedoch, ob die Werke direkt über den Salon oder über eine Galerie in Deutschland an den Sammler gingen. Sie wurden dank der grosszügigen Schenkung des Sammlers und seiner Tochter 1944 dem Kunstmuseum Luzern übergeben. Der Sammler hat den Künstler 1913 wie später auch Pechstein für einen Aufenthalt an den Genfer See eingeladen.

Ebenfalls 1913 wird dem auf seinem Höhepunkt angelangten Künstler der Villa-Romana-Preis anlässlich der „V. Graphischen Ausstellung“ des Deutschen Künstlerbundes in der Galerie Commeter in Hamburg verliehen, mit dem er 1914 bis zum Ausbruch des Krieges nach Florenz geht. Der Kriegsausbruch in Deutschland reisst ihn aus seinem freien Kunstschaffen heraus. Er dient als Soldat in der Nähe seiner Heimat. 1917 wird er mit der Gestaltung des Peter-Behrens-Raums in der Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Bern beauftragt.

Als Reaktion auf die Novemberrevolution konstituiert sich am 9. November 1918 die „Novembergruppe“. Zusammen mit Max Pechstein, Georg Tappert, César Klein und Heinrich Richter-Berlin ist Melzer bei den Initiatoren dabei. Ziel der Novembergruppe war, im Zug der Demokratisierung der Gesellschaft die Kunst dem Volk zugänglich zu machen. Diese Proklamation wurde in Manifesten und Flugblättern verbreitet. Von 1919 bis 1931 beteiligt sich Melzer an den Ausstellungen der Novembergruppe. Diese Ausstellungstätigkeit unterbricht er zwischen 1923 und 1925 wohl deshalb, weil er 1922 den Vorsitz der Vereinigung übernimmt. In die gleiche Zeit fällt die Gründung des „Arbeitsrats für Kunst“, der ähnliche Ziele verfolgt und zum grossen Teil aus den Mitgliedern der Novembergruppe besteht. Die verschiedenen Gruppierungen, von denen einzig das Bauhaus über den Krieg hinweg besteht, spiegeln die Turbulenzen und schnellen Veränderungen in Politik und Gesellschaft der damaligen Zeit wider.

Von 1921 bis 1933 ist Melzer Lehrer für Porträt und später auch für dekorative Malerei und Bühnenbild an der Reimann-Schule in Berlin. Daneben ist er ebenfalls als Dozent an der Berliner Städtischen Kunstschule tätig. 1933 wird er aus dem Lehrbetrieb entlassen, seine Werke werden vom Nationalsozialismus als entartet befunden. Rund 30 Werke werden aus den Berliner Museen entfernt und vernichtet.

Nach 1933 gibt es nur wenige Angaben zum Leben von Moriz Melzer. Er lebt weiterhin bis zu seinem Tod 1966 in der Innsbruckerstrasse 4, in Berlin-Schöneberg, wo er nach seinen Auslandaufenthalten bereits 1914 mit seiner Frau Emma eingezogen ist. Das Rathaus Schöneberg widmet ihm 1957 zu Ehren seines 80. Geburtstages eine Ausstellung. Im gleichen Jahr findet auch eine Ausstellung des Frankfurter Kunstvereins in der Otto-Richter-Halle statt. Beide zeigen einen Querschnitt seines jahrzehntelangen Schaffens, das in einem kleinen Ausstellungskatalog zusammen mit zahlreichen Kritiken aus Zeitungen und Pressetexten dokumentiert ist.

Zeit seines künstlerischen Schaffens hat sich Melzer mit der Technik der Monotypie auseinandergesetzt und daraus einen eigenen Stil entwickelt. Die zwischen Malerei und Druck angesiedelte Technik wird vom Künstler durch mehrere Farbschichten differenziert und mit anderen Druckverfahren kombiniert. Für eine Monotypie wird gewöhnlich eine undifferenzierte Oberfläche mit Farbe behandelt, die dann wieder auf den zu bedruckenden Stoff appliziert wird. Der Künstler hat aber die Platte teilweise wie einen Holz- oder Linolschnitt bearbeitet und dann selektiv Farbe aufgetragen. Durch die Schichtung verleiht der Künstler seinen Arbeiten besondere Plastizität und Ausdruckskraft, die zusätzlich von der expressionistischen Farbwahl unterstützt wird. Ein weiteres Charakteristikum ist die Kontur, die sowohl mittels Linien von kräftigen Farben oder mittels Einritzungen in die Druckplatte als weisse Aussparungen entstehen kann. Teilweise benutzt er beide Mittel gleichzeitig, ohne dass beide Arten von Konturen zur Deckung kommen müssen, sondern durch ihre Verschiebung dem Bild eine eigene Struktur verleihen. Neben der Kontur ist die besondere Plastizität der Figuren zu erwähnen. Durch Abwischen der Farbe an gewissen Stellen auf der Druckplatte werden verschiedene Helligkeitsstufen erzeugt, die zum Teil das Papier durchschimmern lassen.

Diese Art der Darstellung charakterisiert das Werk Melzers, seien es nun religiöse Themen, futuristische Maschinen, Kriegs- oder Badeszenen. Von den einzelnen Motiven gibt es meist mehrere Abzüge, die aber in der Farbwahl und in der Kombination der Druckverfahren voneinander abweichen können, sodass jedes einzelne – wie im Begriff „Monotypie“ angelegt – als Original bezeichnet werden kann. Teilweise hat Melzer die Monotypien auf Papier zusätzlich auf Leinwand aufgezogen. Bei diesen Werken hat er anders als bei einfachen Papierarbeiten die Farbe sehr dick aufgetragen, sodass der Eindruck entsteht, als seien es Malereien. Meist hat er dafür einen eigenen Rahmen hergestellt und so wertvolle Arbeiten auf Leinwand geschaffen. Einige dieser Gemälden ähnlichen Werke stammen aus seiner Pariser Zeit, sodass die Vermutung nahe liegt, dass diese Art der Nobilitierung der Monotypien mit seinem Umfeld in Paris zu tun hat.

Neben den aufwendigen Monotypien hat Melzer auch ganz einfache Holzschnitte oder Grafiken für Zeitschriften angefertigt.

Annamira Jochim
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