Richard Long, 1 Einträge
Richard Long wird am 2. Juni 1945 im englischen Bristol geboren, wo er auch Kindheit und Jugendzeit verbringt. Von 1962-1965 studiert er in seiner Geburtsstadt am West of England College. In dieser Zeit findet er zu seiner höchst eigenständigen Bildsprache, die zu Beginn nicht nur auf Gegenliebe stösst. Im Winter 1964 erregt er mit der Arbeit „Snowball Track“ die professoralen Gemüter: Der 19-jährige Student steht an einem verschneiten Abhang, an dem er einen Schneeball hinunter rollen lässt. Am Fuss des Hügels kommt die immer grösser werdende Schneemasse zum Stehen, der Student fotografiert das Resultat der spielerischen Aktion. Die körnige Fotografie zeigt die Spur, die der Schneeball im Schnee hinterlassen hat, und am Rand des Bildes den Ball selbst. Die Beschäftigung mit der Landschaft und mit Naturmaterialien ist ungewohnt, Farbe und Leinwand sind auch in vielen akademischen Gefilden die erwünschten Ausdrucksmittel und Long muss mit der Begründung seiner „Verrücktheit“ kurz vor Abschluss die Schule verlassen. Doch Long folgt unbeirrt dem eingeschlagenen Weg: im Jahr 1968 schliesst er in London im St Martin's College of Art in London ab und nur zwei Jahre später wird sein Werk in einer Gruppenausstellung im Moma, New York, gezeigt. Der junge Künstler beginnt, lange Wanderungen durch menschenleere Landschaften zu unternehmen. Grosse Distanzen abschreitend, arbeitet Long mit der Welt so, wie er sie vorfindet. Auf seinen Wanderungen hinterlässt er Spuren und Skulpturen (Long verwendet den Begriff „Sculptures“, wenn er von seinen Werken spricht) aus vor Ort gefundenen Materialien, die der Künstler zu Kreisen, Kreuzen oder Spiralen fügt. Anders als manche amerikanischen „Land Artists“ bewegt er nicht tonnenweise Material oder errichtet monumentale Werke von Dauer. Freimütig bekennt er, dass die Natur stärker auf ihn einwirkt als er auf sie.
In der Rolle des Geographen, Geologen und Künstlers dokumentiert er die durchwanderten Gegenden mit Worten, Einzeichnungen auf Landkarten, Diagrammen oder einfachen Fotografien, die Eingang in den Ausstellungsraum finden. Dort präsentiert Long auch Schlamm-Arbeiten sowie Skulpturen, die ähnlich aufgebaut sind, wie die Arbeiten in der freien Natur. Ohne vorheriges Erproben legt Long das Material im Raum aus, anschliessend erstellt er ein Zertifikat, das eine präzise Herstellung des Werkes auch in Abwesenheit des Künstlers garantieren soll. Das Material für die Skulpturen im Innenraum stammt meistens aus urbanen Räumen oder Steinbrüchen, die sich vorzugsweise in der Nähe des Ausstellungsortes befinden. Er sei ein Opportunist, sagt Richard Long und nutze das, was er jeweils vorfinde. Gewöhnliche Steine sind daher bevorzugtes Material, denn sie sind leicht verfügbar. „Steine geben mir die Möglichkeit, überall Kunst zu machen“ sagt er in einem seiner seltenen Interviews. Long reiht Stein an Stein, trägt Steine mit sich rum, schiebt, wirft, zählt, richtet auf, trägt zusammen. Treibholz, Brandholz und Baumreste sind weitere Materialien, mit denen Long hin und wieder arbeitet. Sein ganzes Schaffen steht in einem Gleichgewicht zwischen naturgegebenen Rohstoffen und menschlicher Abstraktionen, wie sie seit Jahrtausenden mit Linien, Kreisen und Spiralen beschrieben wird. Indem die einfachen geometrischen Figuren eine gewisse Allgemeingültigkeit aufweisen, sprechen sie eine Universalsprache und haben – so der Künstler selbst – mehr Kraft, als wenn er eine eigene, unverwechselbare persönliche Formensprache erfinden würde. Trotz der Nähe zu verschiedenen kulturhistorischen Formensprachen orientiert sich Richard Long nie an direkten Vorbildern.
In der puristischen Ästhetik und im stark konzeptuellen Vorgang ist eine Affinität zur Minimal und Conceptual Art der 1960er-Jahre klar erkennbar; zudem verkörpern seine handlungsbetonten, ephemeren Werke ähnliche Zeitraumgeschichten wie die Darbietungen der Happening- und Performance Künstlern. Trotz diesen Parallelen hat Long sich nie wirklich für die entsprechenden theoretischen Auseinandersetzungen interessiert. Es geht ihm vielmehr um eine unmittelbar sinnliche Erfahrung seiner Werke, um wirkliche Steine, wirkliche Zeit, wirkliches Tun: „Es ist nicht meine Absicht, undeutlich oder elitär zu sein. Ich glaube ehrlich daran, dass mein Werk zugänglich ist, wenn die Menschen ihren Geist öffnen – man muss sich damit treiben lassen, wie Musik.“ In dieser entintellektualisierten Sichtweise entfalten Richard Longs Werke eine universelle Präsenz, die jedem Betrachter die Möglichkeit bietet, in einer kontemplativen Begegnung das Werk fernab von jeglichen Lehrbüchern rein persönlich zu begreifen.
Denise Frey
In der Rolle des Geographen, Geologen und Künstlers dokumentiert er die durchwanderten Gegenden mit Worten, Einzeichnungen auf Landkarten, Diagrammen oder einfachen Fotografien, die Eingang in den Ausstellungsraum finden. Dort präsentiert Long auch Schlamm-Arbeiten sowie Skulpturen, die ähnlich aufgebaut sind, wie die Arbeiten in der freien Natur. Ohne vorheriges Erproben legt Long das Material im Raum aus, anschliessend erstellt er ein Zertifikat, das eine präzise Herstellung des Werkes auch in Abwesenheit des Künstlers garantieren soll. Das Material für die Skulpturen im Innenraum stammt meistens aus urbanen Räumen oder Steinbrüchen, die sich vorzugsweise in der Nähe des Ausstellungsortes befinden. Er sei ein Opportunist, sagt Richard Long und nutze das, was er jeweils vorfinde. Gewöhnliche Steine sind daher bevorzugtes Material, denn sie sind leicht verfügbar. „Steine geben mir die Möglichkeit, überall Kunst zu machen“ sagt er in einem seiner seltenen Interviews. Long reiht Stein an Stein, trägt Steine mit sich rum, schiebt, wirft, zählt, richtet auf, trägt zusammen. Treibholz, Brandholz und Baumreste sind weitere Materialien, mit denen Long hin und wieder arbeitet. Sein ganzes Schaffen steht in einem Gleichgewicht zwischen naturgegebenen Rohstoffen und menschlicher Abstraktionen, wie sie seit Jahrtausenden mit Linien, Kreisen und Spiralen beschrieben wird. Indem die einfachen geometrischen Figuren eine gewisse Allgemeingültigkeit aufweisen, sprechen sie eine Universalsprache und haben – so der Künstler selbst – mehr Kraft, als wenn er eine eigene, unverwechselbare persönliche Formensprache erfinden würde. Trotz der Nähe zu verschiedenen kulturhistorischen Formensprachen orientiert sich Richard Long nie an direkten Vorbildern.
In der puristischen Ästhetik und im stark konzeptuellen Vorgang ist eine Affinität zur Minimal und Conceptual Art der 1960er-Jahre klar erkennbar; zudem verkörpern seine handlungsbetonten, ephemeren Werke ähnliche Zeitraumgeschichten wie die Darbietungen der Happening- und Performance Künstlern. Trotz diesen Parallelen hat Long sich nie wirklich für die entsprechenden theoretischen Auseinandersetzungen interessiert. Es geht ihm vielmehr um eine unmittelbar sinnliche Erfahrung seiner Werke, um wirkliche Steine, wirkliche Zeit, wirkliches Tun: „Es ist nicht meine Absicht, undeutlich oder elitär zu sein. Ich glaube ehrlich daran, dass mein Werk zugänglich ist, wenn die Menschen ihren Geist öffnen – man muss sich damit treiben lassen, wie Musik.“ In dieser entintellektualisierten Sichtweise entfalten Richard Longs Werke eine universelle Präsenz, die jedem Betrachter die Möglichkeit bietet, in einer kontemplativen Begegnung das Werk fernab von jeglichen Lehrbüchern rein persönlich zu begreifen.
Denise Frey