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Werkbeschrieb
Der mittelalterbegeisterte Spätromantiker Moritz von Schwind zeigt in seinem kleinformatigen Gemälde das Zusammentreffen zweier berufsmässiger Nomaden: des Schäfers mit seiner Herde und des Sängers, der mit seinen Liedern von Ort zu Ort zieht. Der Sänger, der seine Harfe an einem Riemen über der Schulter hängen hat, weist mit der Rechten auf eine Burg, die man weit entfernt hinter der Bergkuppe sieht. Er scheint den Hirten zu fragen, ob er dort wohl freundliche Aufnahme finden oder man ihm barsch die Tür weisen werde.
Einerseits erscheint das Gemälde auf den ersten Blick nicht nur wegen seiner geringen Grösse anspruchslos. Anders auch als die grossen und umfangreichen Wandmalereizyklen, die von Schwind in der Wartburg bei Eisenach oder in der Kunsthalle Karlsruhe schuf, geht das Bild nicht auf renommierte literarische Vorlagen oder Vorbilder aus der europäischen Kunst zurück. Andererseits liegt vielleicht genau darin der besondere Wert dieses Gemäldes. Denn die moderne Kunst, die streng genommen schon mit der Malerei der Romantik im frühen 19. Jahr-hundert begann, strebte stets danach, sich aus dem bloss dienenden, illustrativen Verhältnis zur Literatur zu lösen. Just diese Emanzipation von literarischen Vorlagen ist denn auch das Kennzeichen einer zentralen Werkgruppe im Schaffen von Moritz von Schwind, den sogenannten Reisebildern. Wie der Gruppentitel schon sagt, zeigen die Gemälde Reisen¬de in unterschiedlichen historischen Epochen: fahrende Ritter, wandernde Handwerksburschen oder elegante Paare in der Kutsche. Schwind schrieb zu dieser Werkgruppe am 20. September 1862 an seinen Künstlerfreund Peter Cornelius: «So habe ich die Ehre zu melden, dass ich seit fünf Jahren (…) an einer Sammlung lyrischer Bilder beschäftigt bin, die seit meiner ersten Jugend bis jetzt in guten Stunden entstanden – gegen vierzig an der Zahl – ein zusammengehöriges Ganzes bilden. Ein Bändchen Gedichte unter dem Titel ‹Reisebilder› wäre etwas Ähnliches: Modernes, Antikes, Romantisches durcheinander.»
In dieser Briefstelle deutet sich schon an, dass von Schwind diese Reisebilder als unabhängige Kompositionen, gewissermassen als gemalte Dichtungen verstand. So hat es auch die spätere kunsthistorische Forschung beschrieben: «Schwind scheint uns einer der Ersten, wenn nicht der Erste zu sein, der die Gegenstände völlig selbständig erfindet, erdichtet. Er ist nicht nur der Maler, sondern auch der Dichter seiner Bilder.» (Gustav Glück, 1954)
Kennzeichnend für viele dieser Reisebilder ist das Kompositionsschema, die Wandernden auf eine Geländekuppe zu stellen, von der aus sie weit in die vor ihnen liegen¬den Landschaft blicken können. Die Figuren stehen auch hinsichtlich der Bilderzählung auf einem Scheitelpunkt zwischen «nicht mehr» und «noch nicht» – ein Merkmal, das man ebenso beim Gemälde Harfenspieler und Hirte findet, weshalb man es mit Fug und Recht zu dem Zyklus der Reisebilderzyklus zählen darf, «in dem ( - wie schon sein Zeitgenosse Otto Grauthoff fand - ) der Meister sich neben seinen Märchenzyklen das unvergänglichste, lieblichste Denkmal gesetzt hat, das alle seien Freskenmalereien an künstlerischem Wert weit überstrahlt.»
Heinz Stahlhut
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, 1953
Eingangsjahr:1953
Provenienz/ Provenance
Alfred Faller
Berta Faller-Lorenz, seit 1939
Kunstmuseum Luzern, Legat Frau Dr. Berta Faller-Lorenz, Luzern, 1953
Bibliografische Referenz/ Bibliographical References
Otto Weigmann: Schwind. Des Meisters Werke in 1265 Abbildungen, Stuttgart und Leipzig: Deutsche Verlagsanstalt, 1905
((Bild nicht bei Weigand))
Unmittelbare Quellen (Dokumente mit unmittelbarem Bezug zum Objekt)/ Primary Sources
Weitere konsultierte Quellen/ Further sources
• Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Berlin
• Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg: Database of Art Objects at the Jeu de Paume
• Database “Central Collecting Point München” Database “Kunstsammlung Hermann Göring”
• Getty Provenance Index, German Sales Catalogs
• Lootedart.com Lost Art
• Répertoire des Biens Spoliés
• Verzeichnis national wertvoller Kunstwerke (“Reichsliste von 1938”)
Zusammenfassung/ Conclusion
Das Gemälde gelangte als Schenkung aus dem Erbe der Berta Faller-Lorenz ins Kunstmuseum Luzern. Das Werk taucht weder im Werkkatalog von Weigmann von 1905 noch in späteren Publikationen zum Künstler auf. Eine frühere Provenienz als die von Alfred Faller Luzern vor dessen Tod 1939 ist daher nicht nachweisbar.
Kategorie B
Ausstellungsgeschichte
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