Die Objekte aus Papier nehmen im Schaffen von James Lee Byars den wohl grössten Raum ein. Die Briefe und Zeichnungen sind von äusserst fragiler Qualität und ungewöhnlicher Material- und Formenvielfalt. Die Arbeit „Brief an Toni Gerber mit „100 Poems““ (KML 2009.43:1y und KML 2009.43:2y) besteht aus zwei unterschiedlichen Büchern, die 100 poems von James Lee Byars enthalten. Diese stehen in keinem direkten Bezug zum jeweiligen Inhalt der Bücher. Byars hat die zwei Bücher in je einem glänzenden goldenen Umschlag an Toni Gerber gesendet. Der erste Teil findet sich in Carlos Castanedas „The Second Ring of Power“. Ab Seite 15 notiert Byars auf jeder zweiten Seite ein 'Statement', das er jeweils mit einer Nummer von 1 bis 50 – zum Teil auch ohne Nummerierung – kennzeichnet. Die Buchstaben sind mit seiner typischen 'Sternschrift' verziert. Innerhalb der poems, die nebst (philosophischen) Statements auch Handlungsanweisungen geben, tauchen ebenso Titel für geplante oder bereits aufgeführte Werke auf. Gewissermassen als Vorstudien scheinen sie die Funktion von Modellen für spätere Arbeiten zu besitzen. Ab Seite 158 hat Byars einen 'traditionellen' Brief an Toni Gerber eingeschoben. Jede Seite benützend, notiert er mit normaler Schrift seine Vorschläge oder auch Konzepte, inkl. der Anleitungen für eine gewünschte Ausstellung in Bern. Diese ist im Frühling 1978 entweder bei Johannes Gachnang in der Kunsthalle oder in der Galerie von Toni Gerber geplant. Die zwei Bücher mit den 100 poems sollen als Ausstellungsobjekte präsentiert werden. Vermutlich handelt es sich hierbei um Ideen, von denen einige im Rahmen der Ausstellung "The Exhibition of Perfect" (16.6. bis 30.7. 1978) in der Kunsthalle Bern realisiert werden.
Der zweite Teil der 100 poems befindet sich in Ludwig Wittgensteins Buch „Remarks on Color“. Die von Byars benutzte Ausgabe ist zweisprachig: links die deutsche, rechts die englische Version. Die 'Statements' beginnen bei der Nummer 51 und sind jeweils auf der rechten Seite notiert.
Patrizia Keller