Salomon Gessner, 4 Einträge
Salomon Gessner wird am 1. April 1730 in Zürich in gehobene bürgerliche Verhältnisse geboren. Er ist das zweite von sechs Kindern aus der Ehe des Buchdruckers und Verlegers Hans Conrad Gessner mit Esther Hirzel. Nach Schulunterricht in Zürich und Berg am Irchel hält sich Gessner in den Jahren 1749 und 1750 in Deutschland auf. In Berlin lernt er den Dichter Karl Wilhelm Ramler und den Philosophen Johann Georg Sulzer kennen. Er versucht sich für kurze Zeit als Lehrling in einer Berliner Verlagsbuchhandlung und kehrt nach einer mehrmonatigen Reise, die ihn bis an die Nordsee führt, in die Schweiz zurück. Danach arbeitet er im väterlichen Geschäft mit.
In diese Zeit gehen die Anfänge seiner bemerkenswerten künstlerischen Karriere als Dichter und Buchillustrator, Landschaftsmaler und -radierer zurück, die ihn in Europa berühmt macht und ihm Zugang zu prominenten Persönlichkeiten der europäischen Aufklärung wie Denis Diderot verschafft. 1761 vermählt sich Gessner mit Judith Heidegger, der Tochter des Ratsherrn und Kunstsammlers Johann Heinrich Heidegger. Sie haben drei gemeinsame Kinder – eine Tochter und zwei Söhne. Der ältere Sohn, Conrad, wird Landschaftsmaler, der jüngere Sohn, Heinrich, wird Verleger und ist an der Gründung der Schweizerischen Nationalbibliothek beteiligt.
Gessner ist vielseitig interessiert und ambitioniert. Seine künstlerische Tätigkeit schliesst kommerzielles Unternehmertum und gesellschaftliches Engagement nicht aus. Im Jahr seiner Eheschliessung übernimmt er Anteile des Verlags Orell, Gessner & Comp., und 1780 initiiert er die Herausgabe der Zürcher Zeitung, aus der 1821 die Neue Zürcher Zeitung hervorgeht. Ab Mitte der 1760er Jahre engagiert sich Gessner in der Politik, Rechtsprechung und Verwaltung der Stadt Zürich. Er ist Mitglied zunächst des Grossen, später des Kleinen Rats (ab 1765), Obervogt über mehrere Vogteien (1768-1777) und schliesslich Forstaufseher im Sihlwald (ab 1781).
Erst im Alter von dreissig Jahren beginnt Gessner, sich mit der Landschaftsmalerei zu beschäftigen. Entsprechend erhält er keine akademische Künstlerausbildung, sondern er eignet sich seine künstlerischen Fähigkeiten autodidaktisch an. Er zeichnet nach der Natur und nach Kupferstichen in der Sammlung seines Schwiegervaters Heinrich Heidegger, der über ein grosses Konvolut europäischer Landschaftsgrafik des 17. und 18. Jahrhunderts verfügt. Dabei orientiert sich Gessner nach verschiedenen Seiten. Er kopiert einerseits nach Gaspar Dughet und Richard Wilson, andererseits nach Anthonie Waterloo und Rembrandt van Rijn.
Dieser bipolaren Orientierung nach Seiten der klassischen und niederländischen Landschaftsdarstellung entspricht die Koexistenz zwei verschiedener Kompositionsprinzipien in Gessners Oeuvre. Auf der einen Seite findet sich die Dreiteilung in Vorder-, Mittel- und Hintergrund, die aus dem 17. Jahrhundert von Claude Lorrain und Nicolas Poussin bekannt ist. Auf der anderen Seite findet sich die Zweiteilung in eine Zone und eine Begrenzung dieser Zone durch Felsen, Bäume oder Büsche. Wichtige Anregungen für dieses Kompositionsprinzip, das im 18. Jahrhundert als „gesperrte Landschaft“ bekannt ist, dürfte Gessner von Waterloo aufgenommen haben.
Das Leitmotiv in Gessners Landschaftsdarstellungen ist die Harmonisierung von Mensch und Natur. Offenbar bedient dieses Motiv im späten 18. Jahrhundert eine Sehnsucht der städtischen Bevölkerung. Gessners Landschaften vor Augen, schreibt Claude-Henri Watelet im 1792 erschienenen Dictionnaire des arts: „C’est là qu’on aperçoit encore une idée des moeurs qu’on desireroit avoir; c’est là qu’on trouve les sites qu’on voudroit habiter“ (Bd. IV, S. 20). Watelets Sicht auf Gessner liegt die Erfahrung der Entzweiung von Natur und Mensch in der städtischen Lebensform zu Grunde. In Gessners Landschaften sieht der französische Kunsttheoretiker diese Distanz aufgehoben.
Christian Féraud
In diese Zeit gehen die Anfänge seiner bemerkenswerten künstlerischen Karriere als Dichter und Buchillustrator, Landschaftsmaler und -radierer zurück, die ihn in Europa berühmt macht und ihm Zugang zu prominenten Persönlichkeiten der europäischen Aufklärung wie Denis Diderot verschafft. 1761 vermählt sich Gessner mit Judith Heidegger, der Tochter des Ratsherrn und Kunstsammlers Johann Heinrich Heidegger. Sie haben drei gemeinsame Kinder – eine Tochter und zwei Söhne. Der ältere Sohn, Conrad, wird Landschaftsmaler, der jüngere Sohn, Heinrich, wird Verleger und ist an der Gründung der Schweizerischen Nationalbibliothek beteiligt.
Gessner ist vielseitig interessiert und ambitioniert. Seine künstlerische Tätigkeit schliesst kommerzielles Unternehmertum und gesellschaftliches Engagement nicht aus. Im Jahr seiner Eheschliessung übernimmt er Anteile des Verlags Orell, Gessner & Comp., und 1780 initiiert er die Herausgabe der Zürcher Zeitung, aus der 1821 die Neue Zürcher Zeitung hervorgeht. Ab Mitte der 1760er Jahre engagiert sich Gessner in der Politik, Rechtsprechung und Verwaltung der Stadt Zürich. Er ist Mitglied zunächst des Grossen, später des Kleinen Rats (ab 1765), Obervogt über mehrere Vogteien (1768-1777) und schliesslich Forstaufseher im Sihlwald (ab 1781).
Erst im Alter von dreissig Jahren beginnt Gessner, sich mit der Landschaftsmalerei zu beschäftigen. Entsprechend erhält er keine akademische Künstlerausbildung, sondern er eignet sich seine künstlerischen Fähigkeiten autodidaktisch an. Er zeichnet nach der Natur und nach Kupferstichen in der Sammlung seines Schwiegervaters Heinrich Heidegger, der über ein grosses Konvolut europäischer Landschaftsgrafik des 17. und 18. Jahrhunderts verfügt. Dabei orientiert sich Gessner nach verschiedenen Seiten. Er kopiert einerseits nach Gaspar Dughet und Richard Wilson, andererseits nach Anthonie Waterloo und Rembrandt van Rijn.
Dieser bipolaren Orientierung nach Seiten der klassischen und niederländischen Landschaftsdarstellung entspricht die Koexistenz zwei verschiedener Kompositionsprinzipien in Gessners Oeuvre. Auf der einen Seite findet sich die Dreiteilung in Vorder-, Mittel- und Hintergrund, die aus dem 17. Jahrhundert von Claude Lorrain und Nicolas Poussin bekannt ist. Auf der anderen Seite findet sich die Zweiteilung in eine Zone und eine Begrenzung dieser Zone durch Felsen, Bäume oder Büsche. Wichtige Anregungen für dieses Kompositionsprinzip, das im 18. Jahrhundert als „gesperrte Landschaft“ bekannt ist, dürfte Gessner von Waterloo aufgenommen haben.
Das Leitmotiv in Gessners Landschaftsdarstellungen ist die Harmonisierung von Mensch und Natur. Offenbar bedient dieses Motiv im späten 18. Jahrhundert eine Sehnsucht der städtischen Bevölkerung. Gessners Landschaften vor Augen, schreibt Claude-Henri Watelet im 1792 erschienenen Dictionnaire des arts: „C’est là qu’on aperçoit encore une idée des moeurs qu’on desireroit avoir; c’est là qu’on trouve les sites qu’on voudroit habiter“ (Bd. IV, S. 20). Watelets Sicht auf Gessner liegt die Erfahrung der Entzweiung von Natur und Mensch in der städtischen Lebensform zu Grunde. In Gessners Landschaften sieht der französische Kunsttheoretiker diese Distanz aufgehoben.
Christian Féraud